Stellschrauben für eine erfolgreiche Sanierung

Stellschrauben für eine erfolgreiche Sanierung

Wie der Turnaround im Krankenhaus gelingen kann.

Den deutschen Krankenhäusern geht es schlecht. Und das nicht erst seit der Pandemie: 

Das Schreckgespenst des großen Kliniksterbens steht schon mindestens 15 Jahre vor der Tür. „Während der ersten Corona-Welle haben die Freihaltepauschalen bei vielen Krankenhäusern Wirkung gezeigt, so dass ein Großteil – wirtschaftlich gesehen – ganz gut durch diese Zeit gekommen ist“, erläutert Prof. Christian Wallwiener, Geschäftsführer bei WMC Healthcare in München. Aber schon während der zweiten Welle im Herbst profitierte nur noch ein kleiner Teil der Klinken von diesen Ausgleichszahlungen. „Wir teilen daher die Sorge vieler anderer Experten, dass spätestens Ende dieses Jahres eine große Insolvenzwelle auf die deutschen Kliniken zurollen wird.“

Zahlen, Daten und Fakten sind die Grundlage der Analyse

Die gute Nachricht: Es gibt einige Stellschrauben, an denen man drehen kann, um eine Ergebnisverbesserung zu erreichen. Welche strukturellen und operativen Hebel man im Einzelfall bedienen muss, um eine Klinik erfolgreich zu sanieren, ist dabei sehr individuell. „Vom Leistungsportfolio, über die internen Prozesse bis hin zur Region, in der sich das Haus befindet – es gibt zahlreiche Aspekte, die wir im Rahmen einer ersten Analyse betrachten. Viele Krankenhäuser haben keine ausreichende Transparenz über ihre Leistungsfähigkeit“, erläutert Burkhard Holz, der als Seniormanager bei WMC viele Häuser bei Sanierungs-prozessen begleitet. Zunächst kämpfen sich die Analytik-Experten der Unternehmens-beratung durch ganze Berge an Zahlenmaterial. Sie führen die wichtigsten Kennzahlen, z.B. aus Personalwirtschaft, Rechnungswesen und der Leistungserbringung zusammen. „Schwachstellen und Problemfelder liegen auf einmal konkret auf dem Tisch“, erklärt Holz, „und es tun sich Chancen auf: Neben einigen Quickwins, mit denen sich schnell Potentiale heben und Synergien nutzen lassen, zeichnet sich dann schon deutlich ab, wie der konkrete Weg in eine nachhaltig wirtschaftlich sichere Zukunft aussehen könnte.“ 

 Erfolgreiche Sanierung erfordert einen breiten Konsens

 Bevor eine richtungsweisende Entscheidung fällt, werden verschiedene Szenarien konzeptioniert, diskutiert und bewertet. Und das über alle Berufsgruppen und Führungsebenen hinweg. Am Ende dieses oft herausfordernden Prozesses sollte ein möglichst breiter Konsens stehen. „Nur wenn eine Klinik als Team den steinigen Weg der Neuausrichtung gemeinsam beschreitet, der Träger voll dahintersteht und der Aufsichtsrat und andere wichtige Gremien die Entscheidung mittragen, kann eine Sanierung gelingen“, teilt Wallwiener seine Erfahrungen. Das sei umso bedeutender, wenn es z.B. um die Konsolidierung oder Verlagerung von Standorten gehe. 

Anpassung der Kapazitäten

Im ersten Schritt eines Sanierungsprozesses werden die medizinischen Kapazitäten an den Bedarf angepasst. „Dabei berücksichtigen wir eine Vielzahl von Faktoren“, erläutert Holz. Trends im Gesundheitswesen würden z.B. ebenso einbezogen wie die demografische Entwicklung. „Am Ende wissen wir, wie viele Betten grundsätzlich erforderlich sind, um den Versorgungsbedarf im Einzugsgebiet zu decken.“ Dann beginnt die Feinarbeit, bei der die Analyse in verschiedenen Bereichen deutlich tiefer geht. So kann durch die Verbesserung der Prozesse rund ums OP-Management, z.B. bei der Einbestellung und Vorbereitung der Patienten, die Auslastung der Operationssäle verbessert und die Zahl der betriebenen Säle ggf. reduziert werden. Ein anderer Ansatzpunkt ist die zentrale Notfallambulanz: Führt man z.B. First-View-Konzepte ein, verringert das die Wartezeiten, selektiert die Patienten, die einer stationären Versorgung zugeführt werden müssen, und erhöht so die Konversionsrate. Auch ein gemeinsames Stationsmanagement und eine zentralisierte Belegungssteuerung helfen, Zeit zu sparen. Durch Ausrichtung der Entlasszeiten vor 12 Uhr und Anpassung der Ist- an die InEK-Verweildauer werden Kapazitäten für steigende Fallzahlen und somit ein signifikantes Mehrerlöspotential frei. „Das Schöne daran ist, dass effizientere Prozesse nicht nur die Wirtschaftlichkeit erhöhen, sondern auch die Zufriedenheit bei Beschäftigten und Patienten signifikant steigt“, betont Wallwiener.

Bündelung von Leistungsangeboten und Infrastruktur

  Ist ein Klinikkonzern oder ein Verbund mit mehreren Krankenhäusern in einer Region vertreten, ist es sinnvoll, medizinische Schwerpunkte herauszuarbeiten und Angebote neu zu gestalten. Fachabteilungen werden standortübergreifend gebündelt. Die bestehenden Beziehungen zu den einweisenden Ärzten werden intensiviert und das Netzwerk kontinuierlich erweitert. Das führt zum einen zu höheren Fallzahlen, die z.B. für chirurgische Eingriffe, die mit Mindestmengen belegt sind, erforderlich sein können. Zum anderen erspart es Doppelvorhaltungen bei kostenintensiver Medizintechnik. Ein MRT kann so beispielsweise viel besser ausgelastet werden. Geschäftsbereiche wie Buchhaltung, Personalwesen oder auch die Küche, arbeiten effizienter, wenn man sie organisatorisch zusammenführt. „Auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter profitieren davon, sobald die Grenzen zwischen den Standorten aufweichen“, sagt Holz. „Belastungsspitzen können so abgefedert werden, Standortrotationen und Wechselmöglichkeiten bieten Chancen für Weiterentwicklung.“

 Was sich so einfach liest, ist in der Praxis dann trotzdem leider oft ein langwieriges Unterfangen. Wer langfristig etwas verändern möchte, braucht dafür operative Unterstützung. „Wir lassen unsere Kunden mit der Umsetzung nicht allein“, stellt Wallwiener klar. Regelmäßige Arbeitskreise, Vor-Ort-Begehungen, Interviews und Reportings mit den wichtigsten Schlüsselkennzahlen gehörten ebenso dazu, wie Schulungen, z.B. zur Dokumentations- und Kodierverbesserung, oder Hilfe bei der Erstellung von Unterlagen z.B. im Rahmen der Liquiditätsplanung. Gibt es vor Ort keine elektronischen Tools, die die Arbeit erleichtern und Reibungsverluste verhindern, stelle WMC sie bereit. Die Anforderungen seien meist so vielschichtig, dass es mehr braucht als klassische Unternehmensberater. „Erst wenn die gebündelte Expertise von Ärzteschaft und Pflege, IT-Experten, Klinikmanagern, Programmierern, Controllern und Finanzexperten zusammenkommt, greifen alle Rädchen ineinander und der Weg in eine wirtschaftlich stabile Zukunft beginnt.“